Je kränker und jünger Kinder sind, desto weniger geprüfte und zugelassene Medikamente stehen für ihre Behandlung zur Verfügung. Der Nachholbedarf an Medikamentenprüfungen bei Kindern ist daher groß und ein Großteil der derzeit bei Kindern eingesetzten Medikamente ist nie an Kindern geprüft worden und auch nicht für Kinder zugelassen.
Allerdings sind Pharmafirmen nunmehr durch neue europäische Gesetze verpflichtet, Medikamente speziell an Kindern zu prüfen und für Kinder zuzulassen. Und das aus gutem Grund, denn der sich entwickelnde kindliche Organismus unterscheidet sich von dem eines Erwachsenen, weswegen Medikamente bei Kindern andere Auswirkungen haben können. Daher müssen Medikamente an Kindern eigens geprüft werden, um die richtige Dosis, Wirkungen und Nebenwirkungen systematisch festzustellen. Fehlen solche Informationen, können Medikamente bei Kindern unsicher bezogen auf Wirkung und Nebenwirkungen sein.
Die Notwendigkeit der Arzneimittelstudien für Kinder betrifft grundsätzlich alle kindlichen Altersgruppen.
In der Regel eignen sich Wirkstoffe, die bei Erwachsenen erfolgreich eingesetzt werden, auch zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Dennoch braucht es zusätzliche klinische Studien, um die richtige Dosierung für jede Altersgruppe zu überprüfen. Das führt im Endeffekt zu unterschiedlichen Dosierungsangaben, entweder auf das Körpergewicht oder auf die Altersgruppe bezogen (Säuglinge, Kleinkinder, Schulkinder, Jugendliche).
Die Notwendigkeit der Arzneimittelstudien für Kinder betrifft grundsätzlich alle kindlichen Altersgruppen. Im Neugeborenenalter aber ist dieses Problem ganz besonders ausgeprägt: Mehr als 90% aller auf den neonatologischen Intensivstationen angewandten Medikamente wurden nie an der speziellen Patientengruppe von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen getestet. Für diese Patientengruppe sind klinische Studien somit eine besonders wichtige Chance, bestehende Therapien sicherer zu machen und neue Therapien zu ermöglichen.
* Nach der Zulassung gibt es dann noch eine vierte Studien-Phase, in der das Arzneimittel weiter geprüft, überwacht und oft auch noch weiter optimiert wird.
In präklinischen Studien wird zunächst nach Wirkstoffen mit möglichem therapeutischen Effekt gesucht. Danach wird intensiv in Laborversuchen, Zellkulturen und darauffolgend an Tieren getestet. Nur wenn sich Wirkstoffe in diesen Versuchsreihen als wirksam und sicher erwiesen haben, wird der Wirkstoff weiterentwickelt und schließlich in klinischen Arzneimittelstudien an Menschen getestet.
Eine klinische Arzneimittelprüfung an Menschen setzt sich bis zur finalen Zulassung des Medikaments aus drei Phasen zusammen, die jeweils meist zwischen 1,5 und 5+ Jahren dauern. Ist ein Wirkstoff ganz neu, wird, wenn immer möglich, zuerst an freiwilligen Erwachsenen getestet. Nur in Ausnahmefällen und hochspezifischen Ersatztherapien bei angeborenen Erkrankungen wird in enger Abstimmung mit den Eltern auch bei Kindern erstmalig getestet.
In jeder Phase wird eine immer größere Anzahl von Patientinnen und Patienten in der Studie getestet.
Bei häufigen Erkrankungen sowie Studien zu Impfungen werden hohe Teilnehmerzahlen angestrebt. Die größte dieser Art war eine Phase III Studie mit 65.000 Kindern, bei der ein Impfstoff gegen Rotaviren, die Durchfall auslösen, getestet wurde. Um die Wirksamkeit zu bestätigen und auch um Nebenwirkungen systematisch zu erfassen, werden zumindest zwei parallele Gruppen verglichen. Eine Gruppe erhält das zu prüfende neue Medikament und die Kontrollgruppe die Standardbehandlung.
Durch die Teilnahme an einer Arzneimittelstudie haben Kinder frühen Zugang zu neuen Behandlungsmöglichkeiten und erhalten die bestmögliche Begleittherapie. Kinder werden in Studien besonders ausführlich und systematisch beobachtet, wodurch besondere Voraussetzungen für qualitativ hochwertige Versorgungsstrukturen geschaffen sind. Kranken Kindern werden keine übermäßigen Belastungen zugemutet, daher werden Studien für Kinder speziell geplant, um auf deren besondere Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.
Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen erfahren somit während einer Studie eine ausgezeichnete medizinische Betreuung:
*Selbstverständlich kann die Teilnahme an einer Studie jederzeit ohne Angabe von Gründen vorzeitig beendet werden.
Ihr/e behandelnde/r Ärztin/Arzt wird Sie über die Behandlungsmöglichkeiten informieren und Ihnen auch erklären, welche offenen Fragen bei der derzeitigen Routinebehandlung noch bestehen. Sie/Er wird Sie auch darüber aufklären, welche Vorteile und Risiken eine mögliche Studienteilnahme im Vergleich zu der Routinebehandlung für Ihr Kind bestehen. Die Studienteilnahme ist freiwillig und die Entscheidung obliegt den Erziehungsberechtigen und betroffenen Kindern, wenn diese alt genug sind. Für welche Behandlung auch immer Sie sich entscheiden, Ihr Kind wird nach bestem Wissen und Gewissen behandelt werden.
Studien mit Kindern folgen den gleichen Richtlinien und dauern in der Regel zwischen einigen Wochen und einigen Monaten. Zunächst werden Sie als Eltern von dem behandelnden Ärzteteam informiert, dass es eine passende Studie zum Krankheitsbild Ihres Kindes gibt. Bei Interesse erfolgt zunächst ein ausführliches Aufklärungsgespräch, in dem Sie genauestens über alle Aspekte der Studie aufgeklärt werden.
Wenn Sie sich zu einer Teilnahme entschließen, unterschreiben Sie gemeinsam mit Ihrer/Ihrem Ärztin/Arzt eine entsprechende Einwilligungserklärung. Gemäß der österreichischen Gesetzeslage genügt die Unterschrift eines Elternteiles. Erst dann kann Ihr Kind in die Studie aufgenommen werden. Die Aufklärung Ihres Kindes erfolgt immer altersentsprechend. Kinder ab dem Vorschulalter unterschreiben zusätzlich einen altersentsprechenden Aufklärungsbogen, dieser entfällt aber bei noch jüngeren Kindern.
Sie können die Einwilligungserklärung jederzeit und ohne Angabe von Gründen zurückziehen.
Bei der sogenannten "Einschlussuntersuchung" wird überprüft, ob Ihr Kind die Kriterien der Studie erfüllt und daran teilnehmen kann.
... wie das jeweilige Medikament verabreicht wird oder das zu prüfende Medizinprodukt (z. B. Inhalatoren bei Asthmatherapien) angewendet wird. Das Studienteam beobachtet sorgfältig den Verlauf der Behandlung sowie die Medikamentenverträglichkeit und dokumentiert die Ergebnisse. Manchmal sind Fragebögen zu beantworten oder es ist erforderlich ein Patiententagebuch zu führen, um zu dokumentieren wie es Ihrem Kind mit der Studienmedikation geht, wenn es nicht unter Spitalsbeobachtung steht.
... zu regelmäßigen Zwischenuntersuchungen eingeladen. Wenn die Anwendung des Medikaments insgesamt zufriedenstellend verläuft, verbleibt Ihr Kind bis zum geplanten Ende in der Studie.
Nach dem Ende der Behandlungsphase wird Ihr Kind bei einer Abschlussuntersuchung nochmals genau untersucht und sein Gesundheitszustand mit dem vor Behandlungsbeginn verglichen. Möglicherweise kommt es in späterer Folge noch zu Nachuntersuchungen, bei denen die Langzeit-Therapieergebnisse festgestellt werden sollen.
Wie werden Kinder in klinischen Studien geschützt?
Der Prüfplan ist die genaue Beschreibung der Studie und deren Durchführung. Dieser wird vor Start der Studie von der zuständigen Ethikkommission sowie der zuständigen Behörde in Österreich (Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen) genauestens geprüft und nur bei Erfüllung aller Anforderungen bewilligt. Für Kinder und Jugendliche gelten dabei besondere Schutzmaßnahmen.
Eine Ethikkommission für klinische Forschung setzt sich aus MedizinerInnen, NaturwissenschaftlerInnen, JuristInnen, TheologInnen sowie VertreterInnen von PatientInnen zusammen.
Von der pharmazeutischen Industrie beauftragte Arzneimittelstudien mit Kindern zur Zulassung eines Medikaments werden im Vorfeld von der Pädiatrischen Kommission der Europäische Arzneimittel Agentur geprüft. Dort wird festgestellt, ob gute Aussichten bestehen, dass das Medikament bei Kindern einen Fortschritt für die Behandlung bringen könnte.
Ziel ist es, Forschungsvorhaben aus ethischer, rechtlicher und sozialer Sicht zu beurteilen sowie das mögliche Risiko für Kinder und Jugendliche in einer Studie abzuschätzen. Weiters kontrolliert die Ethikkommission, ob die medizinische Einrichtung geeignet ist eine Studie durchzuführen. Ebenso wird die Qualität von Studienärztinnen bzw. Studienärzten überprüft.
Die Texte der Aufklärungsbögen werden auf Verständlichkeit und Vollständigkeit untersucht.
Studien mit Minderjährigen müssen so geplant sein, dass die Belastungen so gering wie möglich gehalten werden. Untersuchungen dürfen daher nicht öfter als zwingend notwendig durchgeführt werden.
Die Behörden und Ethikkommissionen überwachen alle laufenden genehmigten Studien. Sie werden bei Auftreten ernsthafter Nebenwirkungen eine Studie abbrechen.
Im Rahmen einer klinischen Studie wird für alle TeilnehmerInnen eine Versicherung abgeschlossen. Sollte es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen während der Behandlung oder während der Nachbeobachtungsphase zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen, sind diese durch die Versicherung abgedeckt.
Sollten Sie Bedenken im Hinblick auf die Sicherheit oder die Wirksamkeit der Behandlung haben, können Sie die Teilnahme an der Studie jederzeit beenden. Die Behandlung wird mit der Standardtherapie fortgesetzt.
Der Vorteil dieses Netzwerks ist, dass Kinderärztinnen und -ärzte ihre Erfahrungen bündeln, wodurch einerseits die bestmöglichen Standardbehandlungen von Kindern in Abstimmung zwischen den Zentren möglich sind und andererseits die Prüfung neuer Behandlungsmöglichkeiten in enger Zusammenarbeit zwischen den Zentren und internationalen Netzwerken durchgeführt werden kann.
OKIDS hat ein Expertenforum von österreichischen Kinderärzten aufgebaut, das eine Schwerpunktsetzung bei Medikamentenprüfungen sicherstellt, um die vordringlichsten Behandlungsdefizite für Kinder zu verbessern. Mit Unterstützung durch öffentliche Mittel stellt OKIDS Organisationsstrukturen zur Verfügung, die eine sichere, für Kinder zumutbare und effiziente Abwicklung von Medikamentenprüfungen im Rahmen der erforderlichen Behandlung ermöglichen.
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